
Ostern fiel 1945 auf Sonntag , den 01. und Montag, den 02. April. Guben, die Perle der Niederlausitz lag noch, wie immer im warmen Frühlingssonnenschein, umgeben vom jährlich wiederkehrenden Blütenschmuck, aber verlassen von den meisten Einwohnern. In banger Erwartung verharrten die wenigen hier Zurückgebliebenen, lauschend dem immer näher kommenden Gefechtslärm, als die unfassbare und tragische Wirklichkeit, zerschossen und Trostlosigkeit verbreitend, am 26. April über die Stadt mit unvorstellbarer Wucht hereinbrach.
Als wäre das alles nicht geschehen, floss die Neiße wie zu jeder Zeit.
In diesem Jahr waren die Lerchen sehr zeitig gekommen.
Ob sie aber auch nach Guben gekommen waren und blieben, darüber fehlt jeder Bericht.
Die Gubener befanden sich fast alle auf der Flucht. Die ersten kamen nach dem 08 .Mai, nach der Verkündigung des Kriegsendes, fassungslos in die zerstörte Stadt zurück.
Die Jahrzehnte danach brachten uns den Frieden, brachten tolerantes Miteinander, eigenes Einschränken, aber ein Wiedergutmachen und den Grundsatz „Nie wieder Krieg“. Sie ließen uns die Freiheit, den Lerchen zu lauschen, wenn sie hoch oben in der Luft über ihren Nestchen tirilierten. Die Ruine der Stadt- und Hauptkirche in Gubin mahnte, ließ uns an die Millionen Kriegstoten , an die Konzentrationslager und immer wieder an das zerbombte Deutschland denken, von dem der Weltkrieg ausging und der so furchtbar nach Guben zurückkam.
Mit welchen angstverbreitenden Nachrichten werden wir zu Ostern in jedem Jahr konfrontiert ?
Diese bange Frage: „Gibt es wieder Krieg ?“ gibt den Blick nach rückwärts für alle frei, die diesen Krieg und die Nachkriegszeit überlebt haben, aber auch für die Jüngeren, die sich damit auseinandersetzen. Etwas Grauenvolles, Beschämendes, die Unfähigkeit zur Verhinderung von Völkermord tritt wieder in den Vordergrund des Gedächtnisses.
Gleichzeitig wird aber auch der Mut gefasst, derartiges Menschenversagen zu verhindern.
Und hier sind wir richtig.
Die Alternative zum Krieg ist der Dialog- und sollte dieser Dialog noch Jahrzehnte dauern.
Der Mut zum Frieden ist von allen Lebensarten die wundervollste, die von keiner anderen Lebensart zu übertreffen ist.
Seien wir mutig.
Wir dürfen nicht müde werden, die Regierenden auf die Ursachen hinzuweisen, die zu Kriegen führen, die wir ja durchschauen, und die friedlich, sorgfältig und umsichtig weltweit zu beeinflussen sind.
Mutig müssen wir am Frieden festhalten, und mutig ständig die kriegsähnlichen Feststellungen treffen und diese auch öffentlich immer wieder äußern.
So auch heute im Jahr 2020 – 75 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges – möchten wir wiederholt die Menschen, die unsere Freunde wurden, um Verzeihung bitten, und diese Notwendigkeit an die Jüngeren weiter geben.
Irmgard Schneider
Vorsitzende Pro Guben Verein für Energie und Umwelt e.V.
Diese vorstehende traurige Geschichte unserer Stadt Guben mündet nun in eine große Bitte.
Wir, liebe Gubiner Freunde, haben jetzt die große Chance, gemeinsame Werke zu vollbringen.
Erweitern wir die bereits gebildeten besonderen Gemeinschaften Guben – Gubin, die die Vorhaben, wie
die Gubiner Kirchenruine als wissenschaftliches Kultur – und Kommunikationszentrum umzuwandeln, und die Wiederherstellung der Natur- und Kulturlandschaft Gubiner Berge, zu unterstützen.
Schaffen und vollenden wir diese Symbole für Frieden – Versöhnung – Hoffnung in dem es beim „Tätigsein“ zu liebevollen Begegnungen kommt. Sehen Sie es den Gubenern nach, dass sie zahlreicher am Wirken sind. Sie sind beseelt von dem Gedanken der Wiedergutmachung.
Sie, liebe Gubiner, haben die schrecklichen Erfahrungen mit den Deutschen aus Ihren Jugendjahren.
Sie wurden in der entstandenen Ruinenstadt auch neu angesiedelt, und haben die Stadt mit großen Mühen wieder lebendig werden lassen, wofür wir als Nachbarn sehr dankbar sind.
Lassen Sie uns Gubener daher die größeren Anstrengungen an der Kirchenruine und an den Gubiner Bergen leisten, aber unterstützen Sie die Anliegen weiterhin durch Ihr Interesse und mit beständigem Zusammenwirken, so, wie das in Ihrem Alter möglich ist. Unterstützen Sie beide Ideen zur Verwirklichung der Vorhaben auf den Gebieten Wissenschaft – Kultur – Kommunikation,
und das Vorhaben des wirtschaftlichen und touristischen Wiedererwachens der Gubiner Berge.
2019 war auch das Jubiläumsjahr des Bauhauses Dessau, mit dem ehemaligen Standort der Villa Wolf, auf dessen Wieder – Verwirklichung wir noch, ungeduldig wartend, hoffen. Dazu könnten wir den Besuchern, aber auch den Bewohnern unserer beiden Städte, die beiden bzw. drei genannten Projekte ergänzend zur verbesserten Lebensqualität, und zur Wiederholung der Besuche, anbieten.
In den Gubiner Bergen wird es erforderlich sein, die Wege neu zu gestalten, die Vorbereitungen dazu sind getroffen. Es liegt eine Vorstudie bereit, und die Namensgebung haben die Freunde des Gubiner Landes Gubin zur Widmung bereits vorgeschlagen.
Die Gubiner Berge haben in dankenswerter Weise mit der Unterstützung des bekannten und beliebten Gubiner Bürgers, Jerzy Cabator, einen „Ort des tiefgründigen Gedenkens“ gefunden. Es befindet sich dieser im Gemeinschaftsgartens des „Vereins Gubiner Berge Gubin“ und des „Fördervereins zur Wiederherstellung der Kulturlandschaft Gubiner Berge Guben“ in der Gartenanlage ROD WZGORZE Gubin.
Ich grüße Sie ganz herzlich und bitte um Ihre Aufmerksamkeit für weitere Mitteilungen.
Ihre Irmgard Schneider


Über den Autor